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25.08.2017

Kuraray Trosifol

Bigbag-Handling in Kanallager und Produktionsversorgung

Herausforderung: Realisierung eines automatisierten Rohstofflagers innerhalb von 9 Wochen.

Lösung: Halbautomatische Shuttle-Fahrzeuge mit automatisierten Schubmaststaplern in einem Kanallager

Produkte: u.a. FM-X, RX 60, STILLPalletShuttle

IFOY Award 2015: Auch die IFOY Jury konnte die intelligente Systemlösung in der Kategorie "Intralogistics Solutions" überzeugen.

In nur neun Wochen realisierte der Hamburger Staplerhersteller STILL ein Rohstofflager für den PVB-Folienhersteller Kuraray Trosifol mit allen notwendigen automatischen Komponenten. Im ausgeklügelten Materialfluss kommunizieren erstmalig halbautomatische Shuttle-Fahrzeuge mit automatisierten Schubmaststaplern in einem Kanallager.

Mit PVB-Folien ist wohl fast jeder schon in Kontakt gekommen, ohne sich dessen bewusst zu sein. PVB-Folien zeichnen sich durch sehr hohe Reißfestigkeit zur Herstellung von Verbundsicherheitsglas als Zwischenschicht in Windschutzscheiben aus. Kuraray Trosifol in Troisdorf bei Köln zählt zu den führenden Herstellern dieser Kunststofffolien, die nicht nur in Windschutzscheiben eingesetzt werden, sondern auch bei Sicherheitsglas in Banken und Juweliergeschäften, Wolkenkratzern, Solaranlagen und sogar bei der Glaskuppel des Deutschen Bundestages.

STILL PalletShuttle im Einsatz bei Kuraray

Erweiterte Produktionskapazitäten erfordern Materialversorgung

Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit erweiterte die Kuraray Europe GmbH ihre Produktionskapazitäten und zentralisierte aufgrund akuten Platzmangels gleichzeitig die Lagerung der Rohstoffe in einem automatischen Rohstofflager. Intelligent ineinandergreifende Software- und Automatisierungssysteme sorgen dabei für einen transparenten und wirtschaftlichen Warenfluss. Das Besondere: erstmalig kommunizieren halbautomatische Shuttlefahrzeuge mit vollautomatisierten Schubmaststaplern, um Rohstoffe zur richtigen Zeit an die richtige Produktionsversorgungsstation zu bringen (Bild 1).

Lange suchte der PVB-Folienspezialist nach einem Generalunternehmer für die gesamte Intralogistik des neuen Rohstofflagers. Das Gebäude belegt mit 4500 m² nahezu die Grundfläche eines kleinen Fußballfeldes. „Auf dem Markt für fahrerlose Transportsysteme und Gesamtlösungen haben wir vielen bekannten Anbietern unser Projekt vorgestellt. Am Ende blieben nur drei übrig, die sich die Umsetzung überhaupt zutrauten. Zu allerletzt konnte nur STILL das geforderte Gesamtkonzept als Generalunternehmer in dem sehr engen Zeitrahmen von nur neun Wochen umsetzen“, so Manfred Kania, Head of Logistics bei Kuraray. Im Einzelnen besteht dieses Konzept aus:

einem hochverdichtenden Kanalregalsystem mit 3300 Stellplätzen,

sieben Paletten-Shuttles,

drei automatisierten Schubmaststaplern des Typs FM-X,

zwei Elektro-Gegengewichtstaplern des Typs RX 60,

einer rd. 40 m langen Arbeitsbühne mit sieben Arbeitsstationen,

Fördertechnikkomponenten, wie Kettenförderer, Querverschiebewagen mit Teleskopgabeln, Pufferplätzen und einem Stapelautomaten für die Leerpaletten sowie

einem Materialflussrechner und

dem übergeordneten Lagersteuerrechner.

Für mögliche Produktionsschwankungen wurde die Anlage auf hohe Flexibilität und Transparenz in der Lagerführung ausgelegt. Ferner war durch die Rundum- die-Uhr-Produktion eine schnelle Amortisierung sicher gestellt. Nachdem das Konzept final ausgearbeitet war, galt es, sich der wohl größten Herausforderung des Projekts zu stellen: dem zur Umsetzung verfügbaren Zeitfenster von nur neun Wochen. 

Die Montage von Regalsystem, Fördertechnik und Arbeitsbühne sowie die anschließende Inbetriebnahme aller Gewerke musste um jeden Preis in dieser kurzen Zeit erfolgreich abgeschlossen sein. Trotz der anfänglichen Schwierigkeiten bei der Inbetriebnahme eines solchen Pilotprojektes ging die Anlage aber durch die Leistungsbereitschaft und den Einsatz aller Lieferanten sowie durch die unkomplizierte und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Kuraray Trosifol rechtzeitig in Betrieb. Die zur Produktion benötigte Rohware in Form von feinem PVB-Kunststoffgranulat wird in großen Säcken, sog. Bigbags, angeliefert. Mit den manuell bedienten, mit Scannern und Terminals ausgerüsteten Elektrostaplern werden die Bigbags von den eingetroffenen Lkw entladen. Durch das Scannen wird die Ware im übergeordneten Lagersteuerrechner erfasst und mithilfe der auf einem Touch-Screen-Terminal angezeigten Informationen zum passenden Kanal des Palletshuttle-Kanalsystems gelotst (Bild 2). Dort nehmen Palletshuttles die Bigbags automatisch entgegen, lagern sie ein und garantieren dabei sowohl eine hohe Lagerdichte als auch einen schnellen Warenzugriff (Bild 3). 

Auf der Seite des Warenausgangs sind die drei automatisierten Schubmaststapler im 24-Stunden- Dauereinsatz. Sie setzen die Shuttles automatisch und millimetergenau in die richtigen Kanäle (Bild 4) und transportieren die auszulagernden Bigbags zur Übergabestation der Fördertechnik (Bilder 5 und 6), die sich u. a. aus Kettenförderern, Querverschiebewagen mit Teleskopgabeln, Pufferplätzen und einem Leerpaletten-Stapelautomaten zusammensetzt. Diese Elemente transportieren die Bigbags zu den insgesamt sieben Arbeitsstationen (Bild 7), wo der Rohstoff aus den großen Säcken gesaugt und über Rohrleitungen zu den fünf Produktionsmaschinen in die Nachbarhallen befördert wird. Leerpaletten werden im Stapelautomaten gesammelt und anschließend mit dem Schubmaststapler zu den für die Leerplatten reservierten Kanälen gebracht und mit einem Shuttle eingelagert.

Autonom fahrende Schubmaststaplern

Bild 5: Die Bigbags werden von autonom fahrenden Schubmaststaplern zur Arbeitsbühne transportiert

Übergabestation der Fördertechnik

Bild 6: Auszulagernde Bigbags werden auf der Übergabestation der Fördertechnik abgesetzt

Fördertechnik, Verschiebewagen und Stapelautomat

Bild 7: Fördertechnik, Verschiebewagen und Stapelautomat im perfekten Zusammenspiel

Die Lagerabläufe werden im IT-System hinterlegt

Die zentrale Schaltstelle des ausgeklügelten Materialflusskonzepts ist der Lagersteuerrechner. Dieser kommuniziert mit dem Fahrzeugleitrechner, den Palletshuttles, dem Materialflussrechner sowie dem Qualitätsmanagementsystem. Er ist für sämtliche Waren- und Fahrzeugbewegungen verantwortlich und meldet Wareneingänge und Versand an das übergelagerte SAP-System – lückenlos und in Echtzeit. Die Abläufe im Lager werden automatisch im IT-System hinterlegt. Dadurch werden Transparenz und Rückverfolgbarkeit aller Vorgänge sichergestellt. Pro Tag werden rd. 400 Paletten von Lkw angeliefert und eingelagert. Der Warenverbrauch aus dem Regalsystem erfolgt permanent mit durchschnittlich zwölf Paletten pro Stunde. Das gesamte System versorgt die Produktion 24 Stunden am Tag mit Rohstoffen. Somit sind ständig Lagertechnikgeräte im Einsatz. Daher realisierte STILL ein Energiekonzept auf der Basis von Wechselbatterien. Die Batteriespannung aller Fahrzeuge wird permanent überwacht. Erreicht sie einen bestimmten Schwellenwert, fahren die Schubmaststapler oder Shuttles automatisch zur Batteriewechselstation.

Die gesamte Lagerhaltung wurde zusammengeführt und optimiert

Alle Intralogistikkomponenten im neuen Rohstofflager von Kuraray Trosifol wurden von STILL installiert. Erstmalig wurde auch das Zusammenspiel von halbautomatischen Shuttle-Fahrzeugen mit automatisierten Schubmaststaplern realisiert, und das in nur neun Wochen. „Pünktlich zum Produktionsstart konnten wir die Anlage in Betrieb nehmen“, zeigt sich Manfred Kania zufrieden. Die verschiedenen manuell geführten Lagerbereiche wurden aufgelöst und die gesamte Lagerhaltung zusammengeführt und optimiert. 

Für das Rohstofflager war eine Anlagenverfügbarkeit von mindestens 98 % gefordert, die STILL gewährleisten konnte. „Durch einen Ausfall des neuen Distributionszentrums“, so Kania, „würden bei unserer Rund-um-die-Uhr- Fertigung alle Produktionslinien innerhalb von wenigen Stunden stehen.“ Durch das hochmoderne Logistikzentrum hat Kuraray Trosifol eine wirtschaftliche und transparente Lagerführung erhalten und das manuelle Materialhandling erheblich vereinfacht. Eventuell auftretende Störungen werden mit einem Notfallkonzept überbrückt. Die vereinbarten Servicemaßnahmen sorgen für einen reibungslosen und effizienten Ablauf im Materialfluss und stellen ihn langfristig sicher. Die Rund-um-die-Uhr-Rufbereitschaft und die schnelle Reaktionszeit der Servicetechniker machen den Warenfluss sicher.

Quelle: Hebezeuge Fördermittel, Berlin 54 (2014) 7-8